Ausstellungseröffnung “Menschen auf der Flucht” & 70 Jahre AEDMR

OLYMPUS DIGITAL CAMERA

Die Neuwieder Gruppe der Menschenrechtsorganisation hat am Freitagabend (16.11.18) mit einer Eröffnungsveranstaltung ihre Ausstellung zum Thema:
70 Jahre Allgemeine Erklärung der Menschenrechte – Menschen auf der Flucht“ eröffnet
Die Ausstellung, die in Kooperation mit der Marktkirchengemeinde Neuwied in den Räumen des Café Auszeit zu sehen ist, kann in der Zeit vom 16. – 30. November im Rahmen der Öffnungszeiten besucht werden. Die Ausstellung besteht aus zwei Bereichen: Die große Magnum-Photoausstellung zeigt bewegende Fotos der weltweit bekannten Foto-Agentur Magnum, die das Schicksal von Flüchtlingen weltweit dokumentiert. Ein zweiter Teil der Ausstellung informiert über die einzelnen Artikel der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und zeigt am Beispiel von Menschenrechts-Themen und bekannten Amnesty-Kampagnen wie Amnesty International arbeitet.
Die Eröffnungsveranstaltung wurde von Gruppenmitglied Maximilian Siebler musikalisch mit Liedern der Friedensbewegung untermalt. Inge Rockenfeller begrüßte die Gäste im Namen der Neuwieder Amnesty-Gruppe. Nachdem der Hausherr, Pfarrer Werner Zupp, Gemeindepfarrer der Marktkirche die Gäste begrüßt hatte, sprach Bürgermeister Michael Mang ein Grußwort. Dann stellte Gruppensprecherin Susanne Kudies heraus, dass die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vor 70 Jahren die Antwort der Vereinten Nationen (UN) auf die Verbrechen der faschistischen Regime in den 30er und 40er Jahren des 20.Jahrhunderts sei. Die Mitgliedsstaaten der UN wollten zeigen, dass man aus der Geschichte gelernt habe. Doch zum Jubiläum des 70- jährige Bestehens seien Menschenrechtsverletzungen immer noch an der Tagesordnung. Diskriminierung und Verfolgung ethnischer und religiöser Gruppen, bis hin zum Genozid, Vergewaltigung als Kriegswaffe und Waffenlieferungen an Schurkenstaaten. Folter, Todesstrafe und unerträgliche Haftbedingungen nehmen Menschen ihre Würde. Die Verletzung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte in Verbindung mit Ausbeutung und unfairen Handelsbedingungen rauben die Hoffnung und die Perspektive auf ein sicheres Leben in gewohnter Umgebung. Die Folgen des Klimawandel verstärkten die Problematik. So dass heute, 70 Jahre nach Beendigung des zweiten Weltkrieges mit über 68 Millionen Menschen, die größte weltweite Flüchtlingswelle zu registrieren sei.
Anschließend erläuterte Manfred Kirsch das Dilemma der Flüchtlingspolitik in Deutschland und Europa: Er bedauerte in seinem Beitrag, dass die BR Deutschland bereits im Jahre 1993 den alten Artikel 16 GG durch die Asylrechtsreform praktisch getilgt habe und forderte, eine ‘humane Flüchtlingspolitik’ müsse durch Humanität, Empathie und dem Gebot der Nächstenliebe geprägt sein. „Ansonsten“, so Kirsch wörtlich: „steuern wir Menschenrechtes – politisch auf eine Katastrophe zu!“
Der Gastredner des Abends, Pfarrer Wilfried Neusel, ehemaliger Pfarrer im Gemeindedienst für Weltmission, Oberkirchenrat in Ruhe ging in seinem Beitrag auf Menschenrechte, Fluchtursachen und das Recht eines jeden Menschen auf freie Entwicklung und Entfaltung (Art. 2 GG) ein, in dem er forderte, dass das Recht auf Entwicklung als unverbrüchliches Menschenrecht soll in allen Sphären des öffentlichen Lebens, also in Wirtschaft, Sozialpolitik, in der politischen Gestaltung eines Staates, in Bildung und Kultur, im Rechtswesen, in der Umweltpolitik, in den internationalen Beziehungen, usw. der Fokus allen Handelns sein sollte. Deshalb müssten Flucht und Vertreibung immer im Zusammenhang mit anderen Themen diskutiert werden, wie z.B. mit Entwicklungshilfe, Rüstungskontrolle und Handelsverträgen, die nicht ausbeuten. Kritisch sah Pfarrer Neusel auch die Rolle der Entwicklungshilfe bei der Bekämpfung von Fluchtursachen: „So wird nun in Deutschland wie in anderen europäischen Staaten die ‘so genannte Entwicklungshilfe’ zur Verhinderung der Fluchtursachen als vermeintlich beruhigendes Zauberwort in die öffentliche Debatte gebracht. – wobei sich nur wenige von uns ein Bild davon machen können, was da im Einzelnen getan und finanziert wird!“ um daraufhin die provokante These zu formulieren: „Das BMZ ist ein Propagandaministerium zur Beruhigung skrupulöser Gewissen, ist aber im Ganzen eher deutschen Wirtschaftsinteressen verpflichtet!“ und gab zu Bedenken: „Die 10 ärmsten Länder der Erde haben reiche Rohstoffvorkommen! Aber sie sind unseren Handelspraktiken ausgeliefert!“ Der Versuch der UNO, die Handelsbeziehungen zwischen Europa und den Entwicklungsländern menschenrechtlich zu regulieren, werde von Deutschland und anderen europäischen Staaten erfolgreich boykottiert: „Hier pocht man auf Vertragsfreiheit und ignoriert vornehm, dass die Staaten insbesondere südlich der Sahara der Stärke von Transnationalen Konzernen immer weniger entgegen zu setzen haben!“ – Hierzu nannte er Beispiele von Menschenrechtsverletzungen internationaler Konzerne im Abbau von Ressourcen um dann mit den Worten zu resümieren, die Papst Franziskus, 2013 in seiner Enzyklika „Evangelii Gaudium“ formuliert hatte: „Diese Wirtschaft tötet!“ Am Schluss seiner Rede appellierte er: „Wir sind aufgerufen, den Menschen, denen ihr angestammter Lebensraum geraubt wurde – auch durch unser Wirtschafts- und Konsumverhalten -, Raum bei uns zu gewähren, so lange, bis sie in ihrem Herkunftsstaat wieder eine Lebenschance haben. Sonst tun wir nichts Anderes als die Brexit-Propagandisten!“.
Amnesty-Gruppenmitglied Robert Kowallek sprach dann noch ein Schlusswort: Er dankte den Rednern und den Gästen für ihr Kommen. und lud ein, zu Getränken und Keksen in der Form von Friedenstauben. Diese hatten Mitglieder der Gruppe selbst gebacken. Danach konnten sich die Besucher die Ausstellung ansehen und mit den Gruppenmitgliedern über die aktuelle Menschenrechtssituation und die Arbeit von Amnesty International diskutieren.