Pressemitteilung: Amnesty-Positionen und Forderungen an die Politik betreffend Afghanistan und Bundestagswahl 2021.

Spätestens mit der Covid-19-Pandemie ist weltweit offensichtlich geworden, was gesellschaftlich seit Jahren falsch läuft. Auch in Deutschland sind immer mehr Menschen von Armut betroffen oder haben Existenzängste. Gleichzeitig werden die Auswirkungen des Klimawandels immer bedrohlicher. Während Menschenfeindlichkeit und Rassismus vermehrt Zustimmung finden, sterben täglich Menschen an den EU-Außengrenzen. Und die Weltgemeinschaft schaut seit Tagen einer abzusehenden humanitären Katastrophe in Afghanistan zu.

Noch vor der Bundestagswahl findet daher eine ‚Unteilbar‘ – Demonstration in Berlin statt, die zu solidarischen Antworten auf gesellschaftliche Krisen aufruft – hierbei ist auch Amnesty International vertreten, denn die Menschenrechtsorganisation wartet nach wie vor auf Antworten von Seiten der Regierungsparteien, wie auch der Oppositionsparteien.
Im Fokus stehen hierbei Themen wie die Ungleichverteilung der finanziellen Mittel zwischen Arm und Reich, die Suche nach Antworten auf die Herausforderungen des Klimawandels, sowie die Neuorganisation der Flüchtlingspolitik in den EU-Staaten. Die europäische Staatengemeinschaft ist aufgerufen, endlich Lösungen finden, die einen humanitäreren Umgang mit Geflüchteten ermöglicht. Amnesty fordert hierzu auch sichere und legale Einreisewege, damit die Menschen nicht mehr gezwungen sind, ihr Leben zu riskieren. Politiker*innen aus Deutschland sollten nicht müde werden, sich dafür weiterhin einzusetzen, statt Verhandlungen mit dubiosen Regimen über die Rückhaltung von Flüchtlingen einzuleiten.

Die Folgen des Klimawandels werden in Zukunft neben Kriegen zur häufigsten Fluchtursache. Missernten und Überschwemmungen führen dazu, dass viele Menschen in ihre Existenzgrundlagen verlieren. Sie sind gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. Jeder sollte sich bewusst machen, dass niemand freiwillig Flüchtling wird. Die Nachwirkungen des Klimawandels wurden in diesem Jahr auch in Deutschland und den Nachbarländern sichtbar. Die Flutwellen von Bächen und Flüssen, die sich durch Starkregen in reißende Ströme verwandelt hatten, haben viele Existenzen bedroht oder vernichtet. Viele Menschen haben alles verloren, auch ihre Heimat. Die Politik ist gefragt, für den Wiederaufbau aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen und Zeichen setzen, indem Zuschüsse für Investitionen nach Kriterien der Zukunftsfähigkeit und Ökologie vergeben werden.

Die Corona-Epidemie in Deutschland ein weiteres Ereignis, das dazu führte, dass Menschenrechte eingeschränkt wurden und die Schwachstellen unserer Gesellschaft und unseres Sozial- und Gesundheitssystems gnadenlos aufgezeigt wurden. Die Gesellschaft wurde weiter gespalten und die Unterschiede zwischen Arm und Reich traten noch deutlicher hervor. Auch die Kinderrechte waren hiervon stark betroffen.
Für die Wahl ruft Amnesty daher die verantwortlichen Politiker auf, Ihre Parteiprogramme daraufhin abzustimmen, damit sichergestellt wird, dass Antworten auf die Herausforderungen der Zukunft deutlich heraus- gearbeitet und dem Bürger bekannt gemacht werden, damit die Menschen, wenn sie ihr Wahlrecht ausüben, gut informiert sind. Die Ausübung des Wahlrechts ist ein Bürgerrecht. Fehlende Informationen führen zu Politikverdruss, Vertrauensverlust und sinkender Wahlbeteiligung.

Aus aktuellem Anlass bitten wir außerdem die Bundespolitiker*innen und -kandidat*innen dafür Sorge zu tragen, dass trotz des Abzuges aus Afghanistan, die Menschen und ihre Menschenrechte dort nicht in Vergessenheit geraten und weiterhin alles getan wird, um bedrohte Mitarbeiter der Streitkräfte und Menschenrechtsaktivisten aus der für sie gefährlichen Situation gerettet werden. Hierzu zählen Maßnahmen wie die Beschleunigung der Visaerteilung, gegebenenfalls Relocation- und Resettlement-Programme, sowie die Aussetzung aller Abschiebungen und Zwangsrückführungen nach Afghanistan.

Amnesty International – Gruppe Neuwied (1227)
Manfred Kirsch / Susanne Kudies

5. September 2021