Anlässlich des an diesem Wochenende anstehenden ‚Muttertages‘ hatte die Neuwieder Amnesty-Gruppe sich für ihren Infostand eine besondere Geschenkaktion überlegt und verteilte Tütchen mit Blumensamen für den selbst gezüchteten Blumenstrauß zum Ehrentag der Mütter.
Die Rechte der Mütter und aller Frauen und Mädchen standen im Mittelpunkt der Aktion der Neuwieder Gruppe der Internationalen Menschenrechtsorganisation. Länderschwerpunkte waren der Iran und die Türkei. Die durch die Aufstände im Iran bekannt gewordene Forderung der iranischen Frauen – Frauen, Leben, Freiheit! – wird dort nicht nur von Frauen, sondern auch von vielen Männern unterstützt, denn aus ihrer Sicht ist klar, dass der Grad der Freiheit der Frau den Grad der Freiheit aller bestimmt. So zeigt ein im Iran veröffentlichtes Video, das sich rasch in den Online-Netzwerken verbreitete, einen Mann, der mit einem Strauß Blumen durch die Straßen geht und jeder Frau, die kein Kopftuch trägt, eine Blume schenkt mit den Worten: “Danke, dass du die Stadt mit deinen Haaren schöner machst.” Viele Männer haben verstanden: Frauenrechte sind Menschenrechte!
Ebenso wie im Iran sind auch in der Türkei Frauenrechte leider immer noch nicht garantiert – im Gegenteil: Gruppensprecherin Suanne Kudies erklärte, Amnesty sei alarmiert aufgrund der ständig steigenden Anzahl an Femiziden in der Türkei. Diese sei sogar nochmals bedenklich angestiegen, seit der türkische Präsident Erdogan am 20. März 2021 ohne Zustimmung des Parlaments den Austritt der Türkei aus der Istanbul-Konvention ‚zum Schutz von Frauen gegen Gewalt‘ verkündet hatte. Auf Initiative des Gouverneurs von Istanbul wurde außerdem ein Verbotsverfahren gegen eine türkische Frauenrechtsorganisation, diie sich für einen Stopp von Femiziden einsetze, eingeleitet, führte Susanne Kudies aus.
Kollegin Theresia Knieke ergänzte, dass immer mehr junge Mädchen in religiös-konservativen Kreisen immer früher in arrangierte Ehen geschickt würden, obwohl das türkische Gesetz hierfür ein Mindestalter von 17 Jahren vorsehe. Auf Druck der Eltern würden jedoch einige Geistliche die zu frühe Verheiratung im Nachhinein legalisieren.
Inge Rockenfeller stellte fest, dass die weitgehende Straflosigkeit der Täter vor Gericht ein Beleg dafür sei, dass die Justiz der Türkei frauenfeindlich sei. Wenn Frauen, die Opfer von Gewalt wurden in der Türkei vor Gericht gingen, um ihren Peiniger anzuklagen, stünden sie vor Gericht oft völlig allein dar. Die Justiz schenke den Tätern mehr Glauben als den Opfern. Die Beweislast liege bei den Frauen. Sie müssten beweisen, dass sie unschuldig Opfer von Gewalt wurden.
Aktivistin Beate Junglas-Krischer machte auch auf das Schicksal der Samstags-Mütter in der Türkei aufmerksam. Diese fordern den Staat auf, sie über den Verbleib ihrer verschwundenen Söhne und Töchter aufzuklären.
Menschenrechtsaktivist Uwe Krämer gab noch zu bedenken: Theoretisch garantiere die ‚Allgemeine Erklärung der Menschenechte‘ zwar die Frauenrechte – doch praktisch sei es noch ein weiter Weg bis alle Frauen und Mädchen ihre Rechte auch durchsetzen könnten. So sei das Recht, das sie vor körperlicher Gewalt schützen oder den Schulbesuch ermöglichen könnte, in vielen Ländern praktisch nicht durchsetzbar, wie die Säureattentate auf Schülerinnen im Iran deutlich zeigten.
Amnesty-Mitglied Manfred Kirsch warf mit Blick auf das Stichwort ‚Gender-Pay-Gap‘ noch einen kritischen Blick auf die Frauenrechte in Deutschland.