Leben und Wirken von vier Persönlichkeiten gegen das NS-Regime / Holocaust-Gedenktag 27.01.2025

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Aristides de Sousa Mendes (* 1885 in Portugal; † 3. April 1954 in Lissabon)


Er war ein portugiesischer Diplomat und zu Beginn des 2. Weltkriegs Generalkonsul in Bordeaux.

Im Juni 1940 flüchteten viele Menschen vor der deutschen Wehrmacht, die nach dem Überfall auf Frankreich immer weiter nach Westen vorrückte. In dem noch nicht besetzten Bordeaux versuchten viele Flüchtende Visa für Portugal zu bekommen.

Während des Zweiten Weltkriegs war Portugal unter der Diktatur Salazars angeblich „neutral“, obwohl das Regime offensichtlich auf Hitlers Seite stand. Mit einem Erlass verweigerte die portugiesische Regierung Flüchtenden, darunter ausdrücklich auch Juden, Russen und Staatenlosen, eine sichere Zuflucht. Aufgrund dieses Erlasses musste Sousa Mendes die Visumsanträge ablehnen – eigentlich.

Aber, der Mann widersetzte sich diesen Befehlen und gehorchte der Stimme seines Gewissens. Vom 17. bis 19. Juni 1940 arbeitete der portugiesische Konsul zusammen mit zwei seiner Kinder ununterbrochen an der Ausstellung von Visa, ohne Pause einzulegen. In der Nacht des 19. Juni wurde Bordeaux von der deutschen Luftwaffe bombardiert. Die vor dem Konsulat wartende Menschenmenge flüchtete in Richtung Bayonne nahe der spanischen Grenze. Sousa Mendes folgte dem Flüchtlingsstrom nach Bayonne. Dort gab es ein kleines Konsulat, das bei seinem Eintreffen bereits von vielen hundert Menschen umlagert war. Er übernahm in der ihm unterstellten Vertretung die Befehlsgewalt, und setzte das bewährte System der Visa-Ausstellung »am Fließband« fort.
Als bekannt wurde, dass Frankreich die Waffenstillstandsbedingungen der Deutschen akzeptiert hatte, brach unter den Flüchtlingen erneut Panik aus. Wer bereits Dokumente besaß, versuchte die spanische Grenze zu erreichen. Sousa Mendes folgte den Flüchtlingen und verteilte die Visa auf den Straßen am spanischen Grenzübergang. Als die Grenze von den spanischen Grenzbeamten geschlossen wurde, öffnete er eigenhändig die Schranke. Inzwischen waren in Bordeaux und Bayonne Telegramme aus Lissabon eingetroffen, in denen Sousa Mendes aufgefordert wurde, seine Aktivitäten umgehend einzustellen und unverzüglich nach Portugal zurückzukehren. Sousa Mendes ließ sich Zeit. Er unterzeichnete weitere zahlreiche Dokumente und verhalf vielen Flüchtenden die Flucht zu den portugiesischen Häfen.

In Lissabon angekommen, wurde ihm klar gemacht, dass er, wegen der Missachtung des Erlasses, keine weitere Zukunft mehr im diplomatischen Dienst mehr erwarten könne. Er wurde nach einem Disziplinarverfahren entlassen. Er konnte danach auch seinen ursprünglichen Beruf als Anwalt nicht mehr ausüben, weil er zudem aus der Anwaltskammer ausgeschlossen wurde. Womit ihm die Möglichkeit genommen wurde, seinen Lebensunterhalt zu verdienen.
Tragisch war dies auch für seine Kinder, die auf einer schwarzen Liste landeten, wodurch sie vom Universitätsstudium ausgeschlossen wurden.  Sousa Mendes musste sein Haus verkaufen, um Schulden zu bezahlen. Am Ende half ihm die jüdische Gemeinde in Lissabon, um überhaupt über die Runden zu kommen. Er starb verarmt im Jahr 1954 nach mehreren Schlaganfällen.

Sousa Mendes wird mitunter als der portugiesische Schindler bezeichnet. Während es Oskar Schindler gelang ca. 1200 Menschen das Leben zu retten, rettete Aristides de Sousa Mendes  ca.  30.000 Menschen, darunter etwa 10.000 Juden, das Leben.

Das perfide an der Geschichte – nach Ende des Krieges beanspruchte Diktator Salazar das Verdienst  für sich, tausenden von Flüchtenden durch unkomplizierte Visa-Erteilung das Leben gerettet zu haben. Mehrere Gesuche von Aristides’ Zwillingsbruder Cesar, der ebenfalls im diplomatischen Dienst war, Aristides zu rehabilitieren, blieben von Salazar unbeantwortet.

Sousa Mendes ist ein Beispiel dafür, dass man auch als hoher Diplomat und Beamter nicht jedem Befehl Folge leisten muss, auch wenn damit persönliche Nachteile verbunden sind.
Er wurde 1966 als „Gerechter unter den Völkern“ in Yad Vashem geehrt.
Die Bemühungen um seine Rehabilitierung in Portugal dauerten allerdings noch mehr als 20 Jahre. Erst am 18. März 1988 ließ das portugiesische Parlament offiziell alle gegen seine Person erhobenen Vorwürfe fallen, er wurde postum wieder in das diplomatische Corps aufgenommen und erhielt den höchsten Orden des Landes – 34 Jahre nach seinem Tod.

https://www.youtube.com/watch?v=Kusy1bP7t9w 

https://www.juedische-allgemeine.de/allgemein/der-schindler-von-portugal/

29. Januar 2025