Erklärung von ai-Neuwied & EIRENE

Sehr geehrte Damen und Herren,

Liebe Freunde * innen von EIRENE und Amnesty International,

Wir, die Mitglieder der Neuwieder Gruppe von Amnesty International und Vertreter des internationalen christlichen Friedensdienstes Eirene sind heute hier, um mit einer Mahnwache ein Zeichen für den Frieden und gegen einen Krieg in Europa zu setzen.

Angesichts eines drohenden Militäreinsatzes durch Russland in der Ukraine warnt Amnesty International davor, dass eine weitere Eskalation des bewaffneten Konflikts verheerende Folgen für die Menschenrechte in der Region hätte.

Agnès Callamard, Internationale Generalsekretärin von Amnesty International:

„Es ist beängstigend, sich vorzustellen, welches Ausmaß das Leid durch Flucht und Vertreibung im Falle einer Eskalation der Feindseligkeiten in der Ukraine annehmen könnte. Das würde zu einer humanitären Katastrophe auf dem ganzen Kontinent führen mit Millionen von Flüchtlingen, die in den europäischen Nachbarländern Schutz suchen müssten“.

In militärischen Konflikten muss die Zivilbevölkerung geschützt werden und alle, die Menschenrechtsverletzungen begehen, müssen zur Rechenschaft gezogen werden. Amnesty International wird die Situation genau beobachten, um Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht (Kriegsrecht) und die internationalen Menschenrechtsnormen durch alle Parteien aufzudecken.

Wir verlesen nun eine gemeinsame Erklärung angelehnt an einen Petitionstext der Friedenskooperative mit dem Titel: „Verhandeln statt Schießen!“

Auch wenn die Lage an der russisch ukrainischen Grenze sich in den letzten Tagen entspannt hat, ist die Gefahr eines Krieges noch nicht ausgeschlossen.

Jedes Menschenleben, welches der Krieg in der Ukraine in den vergangenen Jahren gekostet hat, war eines zu viel.

Wir schließen uns den Appell des Netzwerk Friedenskooperative an und mahnen zur Deeskalation und fordern alle involvierten Parteien auf, miteinander zu sprechen, um die Spannungen zu beenden und die Grundlagen für eine gemeinsame europäische Sicherheitsstruktur zu schaffen.

 Wir fordern die Bundesregierung auf:

 

Eine friedliche und diplomatische Lösung des Ukraine-Konflikts mit allen Mitteln der zivilen Konfliktbearbeitung zu fördern.

Sich für die Fortsetzung und Stärkung von Diplomatie und Gesprächsformaten mit Russland und der Ukraine einzusetzen, wie etwa das Abkommen Minsk II und das Normandie-Format, damit der Ukraine-Konflikt bearbeitet und gegenseitiges Vertrauen aufgebaut werden kann.

Den Export von Rüstungsgütern in Krisenregionen zu unterlassen. Dies würde nicht zur Konfliktlösung beitragen, sondern Öl ins Feuer gießen.

Einen Neustart der Beziehungen mit Russland auf europäischer Ebene einzuleiten, damit eine gemeinsame Sicherheitsstruktur in Europa unter Einbeziehung der Sicherheitsinteressen aller beteiligten Staaten errichtet werden kann.

Europa braucht einen Neustart der Beziehungen zu Russland – Konkrete Schritte für Verhandlungen sind nötig:

Für eine neue gemeinsame Sicherheitsstruktur in Europa braucht es erste Schritte und Verhandlungsangebote. Dies könnte beispielsweise von Seiten der NATO die Bereitschaft sein, die US-Atomwaffen aus Deutschland und Europa abzuziehen. Beidseitig sollte ein Verzicht auf die Stationierung von Kurz- und Mittelstreckenraten in Europa verhandelt werden. Auch ein Teilabzug der NATO-Truppen aus Osteuropa und das Einstellen militärischer Großmanöver in der Region (u.a. Defender) wären weitere wichtige Verhandlungsangebote hin zu Deeskalation und Diplomatie. Ebenso muss das Ende der Sanktionen gegen Russland in Aussicht gestellt, die NATO-Osterweiterung kritisch hinterfragt und im Sinne der Entspannung gestoppt werden. Denn insbesondere die Ostererweiterung trug und trägt zu den schlechten Beziehungen bei und erschwert eine Lösung.

Die russische Seite könnte beispielsweise als Gegenangebot die Truppen an der ukrainischen Grenze und aus Belarus abziehen und ebenfalls ihre Militärmanöver beenden. Außerdem sollte Russland ernsthaft den Friedensprozess für die Ukraine stärken, indem es zum Beispiel auf Einhaltung des Waffenstillstandes und auf freie Wahlen hinwirkt. Zu zentralen Grundpfeilern des friedlichen Miteinanders in Europa, wie die Unverletzbarkeit von Grenzen, muss zurückgekehrt werden.

 

Alle Konfliktparteien sollten einem Sicherheitsbereich beiderseits der ukrainisch-russischen Grenze zustimmen, in dem keine Manöver stattfinden und alle Truppenbewegungen nur unter strengen Auflagen und transparent durchgeführt werden.

 

Diese Forderungen und Vorschläge sind Lösungsansätze zur Deeskalation. Verhandeln statt schießen muss oberstes Gebot bleiben!

22. Februar 2022