Schlusswort Susanne Kudies

Beitragsbild: H. Tsanakidis

Schlussworte zur Gedenkstunde

Liebe Freunde von Amnesty International, liebe Schüler,

Als erstes möchte ich mich bei Euch Allen für Euer Kommen bedanken. Schön, dass wir wieder mit so vielen gleichgesinnten Menschen diese Stunde der Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus begehen konnten. Mein Dank gilt auch den Schülern der Ludwig-Erhard-Schule und ihrem Lehrer Herrn Lauterbach. Danke, dass Ihr gekommen seid und mit Euren aufrichtigen Worten einen Beitrag zur Erinnerung an die Opfer übernommen habt.

In ihrer Eröffnung erinnerte meine Amnesty-Kollegin Frau Rockenfeller daran, dass dieser Wahnsinn bei der Wannseekonferenz von Bürokraten und SS – Leuten bis ins Detail geplant wurde – perfider Massenmord an unschuldigen Männern, Frauen, Kindern, ganze Familien wurden ausgelöscht. – Nie wieder darf so etwas geschehen! – Diese Erkenntnis hat nach dem Krieg zur Entstehung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte geführt. Diese Erklärung sollte dazu beitragen, dass eine Wiederholung eines solchen Verbrechens an der Menschlichkeit für alle Zeiten unmöglich wird.  Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg! – Dafür setzen auch wir von Amnesty uns ein und kämpfen dafür, dass diese Menschen-Rechte überall bekannt und geachtet werden.  Vorbilder sind für uns auch jene Menschen, die es damals wagten, ‚NEIN!‘ zu sagen, in den Widerstand gegen diese Diktatur gegangen sind, um zu kämpfen – für das Recht aller Menschen auf Leben und Unversehrtheit an Leib und Seele! Widerstandskämpfer, wie die Mitglieder der ‚weißen Rose‘, die französische Resistancebewegung, die Partisanen in Polen, aber auch Schriftsteller, Intellektuelle, Künstler, sowie Widerstandskämpferinnen wie Hannah Szenes – sie können heute Vorbilder sein für unsere Arbeit! Sie haben damals Mut und Zivilcourage gezeigt und Widerstand geleistet, auch wenn sie harte Konsequenzen wie Arbeitslager oder Tod zu erwarten hatten. Sie haben gekämpft für ihre Mitmenschen, für die Demokratie und für Frieden!

Die vorgetragenen Gedichte waren Gedichte von Joseph Capek und Hannah Szenes, beide ließen ihr Leben in Lagern der Nazis:  Sie haben diese Gedichte dort geschrieben -deshalb sind ihre Gedichte Lyrik gegen Hass und Antisemitismus! Lyrik gegen Rechts! – Die Gefühle, die diese Menschen hatten als sie diese Texte aufschrieben, dringen viel tiefer in unsere Herzen, als eine kalte Dusche aus Zahlen und Fakten. Wenn wir sie hören, kommen Bilder und Gefühle hoch.  Sie helfen uns zu verstehen … ihre Gedanken, Sorgen und Nöte. Gedichte sind Spiegel der Seele –  wenn wir in diesen Spiegel sehen, sehen wir das alles – Leid und Hoffnungslosigkeit,  Mut und Zuversicht und den Glauben an die Zukunft, den sich viele nicht trotz allem nicht nehmen ließen. Wir können die Menschen, die damals dort ihr Ende fanden durch ihre Texte kennen lernen. Sie bekommen für uns ein Gesicht und eine Persönlichkeit, und wir erfahren so viel mehr über sie. Die Opfer der Shoah sollen für uns nicht in grauem und undurchdringbarem Nebel aus Zahlen und Fakten verschwommen und unerkannt bleiben. Um ihrer würdig gedenken zu können, müssen wir sie aus ihrer Anonymität herausholen und versuchen sie kennen zu lernen – ihre Namen, ihre Geschichte, ihr Leben, ihre Gedanken, ihre Träume….!

Die Opfer der Shoah! – sie haben Gesichter, Namen und eine Geschichte zu erzählen – Wir sollten ihnen allen gut zu hören, allen, die heute noch am Leben sind und bereit sind, uns ihre Geschichte zu erzählen. Es dauert nicht mehr lange und es wird keine Zeitzeugen mehr geben. Nutzen wir die Chance, solange wir sie noch haben. Ich möchte abschließen mit den einprägsamen Worten eines Überlebenden: „Wir sind alle Menschen. Wir alle leben auf diesem kleinen schönen Planeten und wir müssen es fertig bringen uns diese Welt zu teilen und in Frieden miteinander hier zu leben. Wir sind alle Menschen, egal welche Religion, Hautfarbe oder kulturelle Identität wir haben. Egal, ob wir verschieden sind und uns streiten, aber wir dürfen ihn nicht zerstören durch Krieg. Wir müssen uns im Dialog üben, sonst sind wir verloren. Sonst ist die Welt verloren!“

5. Februar 2022